Beispiel: Beruf

Ich ziehe nur Pleitefirmen an

Walter (46 Jahre): „Ich kann tun, was ich will, aber im Job klappt es einfach seit einigen Jahren nicht.
Ich bin wirklich nicht abergläubisch, aber langsam glaube ich an Verwünschungen. Ich weiß nur nicht, wer mir so viel Schlechtes wünscht."
Er schmunzelt, aber in seinem Lächeln ist Unsicherheit und Verzweiflung zu sehen. Walter hat bereits vier Mal den Job verloren, er fühlt sich scheinbar magisch von Firmen angezogen, die in Konkurs gehen. Er setzt sich ein, macht tolle Umsätze, aber schon bald beginnt das bekannte Muster: Die Provisionszahlungen bleiben aus, die Firma ist kurz vor der Pleite.
Ich frage Walter, ob er früher positive Erfahrung im Beruf gemacht habe und seit wann er Pleitefirmen anziehe. Er erzählt mir begeistert, dass er bis zum 36. Lebensjahr in einer Spitzenposition war und viel Erfolg hatte. Dann wechselte er zu einer ihm bekannten Firma, die bestens am Markt vertreten war. Von dann ging es bergab.
Meine Frage, wo in seiner Familie die erfolgreichen und wenig erfolgreichen Personen sind, bzw. wer Pleite gemacht hat, verwundert ihn. Auch er kam noch nie auf den Gedanken, dass seine Familie etwas mit seinem Misserfolg zu tun haben könnte. Ein Aufblitzen in seinen Augen verrät mir, dass er die Lösung gefunden hat. Sofort findet er seine Verstrickung selbst.
Mit Tränen in den Augen erzählt er mir von seinem Vater. Er hat mit 38 Jahren die Arbeit verloren, er wurde das Opfer von Intrigen und Rationalisierungsmaßnahmen, die Firma musste später schließen. Sein Vater war lange arbeitslos und musste Jobs weit unter seinen Fähigkeiten annehmen. Er wurde nie wieder wirklich glücklich im Beruf und ist mit 54 Jahren gestorben. Als ich Walter aufmerksam mache, dass er mit seinem Vater das Schicksal trägt, meint er fassungslos: „Aber das kann es doch nicht geben! Wieso sollte ich das wollen? Das will ich nicht!" Hier ist wieder die Ambivalenz des bewussten und unbewussten Wollens zu sehen.
Wie wirkt das Schicksal des Vaters nun im Leben von Walter? Der Sohn trägt mit dem Vater, er übernimmt völlig unbewusst das Schicksal des Vaters und verweigert unbewusst den Erfolg. Sein bewusster Wunsch nach Erfolg und der unbewusste Wunsch, mit dem Vater das Schicksal zu tragen, stehen im Widerspruch. Das unbewusste Programm hat jedoch immer die Oberhand. Die tiefe emotionale Reaktion von Walter veranlasst mich sofort – mit seinem Einverständnis – ein kleines Ritual mit ihm durchzuführen.
Ich bitte ihn, die Augen zu schließen und an seinen Vater zu denken. Ich frage ihn, ob er ihn gut sehen kann. Er verneint, er sehe ihn unklar. Ich schlage ihm als Hilfe vor, sich an ein Foto seines Vaters zu erinnern.
Walter: „Ja, jetzt sehe ich ihn!"
„Lasse dieses Foto jetzt lebendig werden und schau, wie du deinen Vater jetzt siehst. Wie wirkt er auf dich und wie schaut er dich an?"
Walter: „Er schaut traurig."
Ich spreche Walter vor: „Papa, ich sehe, wie traurig du bist, und ich trage deine Trauer mit dir."
Walter weint, er wiederholt die Worte: „Papa, du bist traurig und ich trage es mit dir."
Ein tiefer Seufzer, er spürt, die Worte stimmen.
Ich frage Walter, was seinen Vater glücklich machen würde.
„Er spürt sofort, wenn es mir gut geht."
Ich spreche Walter die lösenden Sätze vor: „Lieber Papa, ich lasse jetzt bei dir, was zu dir gehört, denn ich bin nur dein Kind und dir zur Freude mache ich etwas aus meinem Leben. Ich weiß jetzt, dass es dich erfreut."
Ich frage Walter, der mit geschlossenen Augen die Sätze nachgesprochen hat, wie ihn jetzt der Vater ansieht. Walter sagte: „Er lächelt mich an und er kommt auf mich zu, jetzt umarmt er mich. Er freut sich sehr und ich glaube, es geht ihm jetzt gut."
Ich schlage Walter vor, dass er dieses gute innere Bild und die Worte noch einige Zeit, solange es ihm gut tut, sehen und wiederholen kann.

Eine Familienaufstellung war vorläufig nicht mehr nötig. Manchmal genügt ein kleines inneres Ritual! Walter hat mir einige Wochen später erzählt, wie gut es ihm geht und dass er das Gefühl hat, Berge versetzen zu können. Ein Jahr später erfahre ich von Walter, dass er tatsächlich die positive Kraft halten konnte und im Beruf endlich angekommen sei.

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